Peer Gynt und Pippi Langstrumpf

Speyerer Rundschau vom 21.09.2021

Konzertlesung „Tanzende Nordlichter“ zum Rheinland-Pfälzischen Kultursommer im Historischen Ratssaal

Die Speyerer Autorengruppe „Spira“ und Pianist Werner Heinrich Schmitt haben mit ihrer Konzertlesung im Historischen Ratssaal einen Glanzpunkt gesetzt. „Tanzende Nordlichter“ standen unter der Überschrift des Kultursommers Rheinland-Pfalz „Kompass Europa: Nordlichter“ auf dem Programm. Selma Lagerlöf, Astrid Lindgren, Henrik Ibsen, Björn Björnsen, Edvard Grieg, Abba: Die literarische und musikalische Auswahl ist folgerichtig und überraschend zugleich.

Die Autoren setzen den Literatur-Nobelpreisträgern ihr eigenes Denkmal, Schmitt passt sein Klavierspiel den Texten an. Grieg, der norwegische Komponist, nimmt viel Raum ein. Die von Schmitt interpretierte Morgenstimmung aus der Peer-Gynt-Suite erfüllt den gut besetzten Historischen Ratssaal zur Begrüßung, der „Zug der Trolle“ und „Kobold“ umrahmen Ulrike Grömlings Märchen. Die Speyerer Autorin beginnt ihre Lesung wie weiland die Brüder Grimm mit „es war einmal…“ und endet in der Pfalz bei der Liebe des Trolls zur Elwetritsche. Zuvor lässt Autorin Dawn Dister in ihrem Spitzbergen-Zyklus die Polarlichter tanzen, strahlen, leuchten. „Das Firmament steht in Flammen“, liest sie voller Leidenschaft für die Farben und der alles erfüllenden Stille des Nordens vor der Schneeschmelze. „Vertrauen ist Leichtsinn“, rät Dister dem Polarfuchs zur Vorsicht vor den Damen, die ihn in der Oper über ihren Schultern tragen wollen. Autor Ulrich Bunjes widmet seine Geschichte „Harry“, einem nordischen Ermittler, den es zu „Wein am Dom“ in Speyer führt. Am Ende ist sein Fall gelöst und Harry hat viel über Pfälzer Schorle gelernt. Margit Kraus liest Verse aus Björnsens „Sonnenscheinlied“, Schmitt spielt dazu die von dem Dichter 1859 verfasste norwegische Nationalhymne in Variationen bewegend.

Sonja Viola Senghaus wendet sich Ibsens berühmten Schauspiel in drei Akten „Nora oder ein Puppenheim“ zu und damit der von den Männern zugedachte Rolle der Frau am Ende des 19. Jahrhunderts. „Leider muss es heute noch Frauenhäuser geben“, kritisiert die Autorin die noch immer für manche Männer geltende Überzeugung, Frauen seien ihr Eigentum. Senghaus‘ lyrische Auseinandersetzung erzählt davon. Was könnte besser zur Thematik passen als Griegs „Solvejgs Lied“? Schmitt spielt es eindrucksvoll.

Am Ende der Lesung steht Astrid Lindgren. Nicht „Kinder aus Büllerbü“ oder „Pippi Langstrumpf“. Eva-Constanze Gröger hat für ihre Hommage an die weltberühmte Schriftstellerin die Rede ausgewählt, die Lindgren zur Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1978 in Frankfurt gehalten hat. „Ihre Bücher sind Vermächtnisse“, betont Gröger. Sie will aber Lindgrens Verdienste um Menschen-, Kinder- und Tierrechte nicht schmälern. „Niemals Gewalt“, habe die Dichterin vor mehr als 40 Jahren in Frankfurt ausgerufen und das noch damals angewandte Erziehungsmodell „Wer die Rute schont, verdirbt den Knaben“ in einem eindrucksvollen literarischen Beispiel angeprangert. „Es ist unsere Pflicht, die Welt zu einer besseren zu machen“, sagt Gröger und spricht ihrer verehrten Schriftstellerin aus dem Herzen. Abbas „Angel Eyes“ spielt Schmitt zum krönenden Abschluss der vom Literarischen Vereins der Pfalz veranstalteten Konzertlesung.

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