Kritik Rheinpfalz Konzertlesung

RHEINPFALZ, Montag 23. Mai 2011
Lokales: Speyer: Kultur
Vom Pioniergeist John Cages inspiriert
Sonja Viola Senghaus im Speyerer Ratssaal
von juliane sauerbeck „If you celebrate it, it“s an art, if you don“t, it isn“t“ – übersetzt: „Es ist Kunst, wenn man es zelebriert, sonst nicht“. So lautete das künstlerische Credo von John Cage, dem wohl prominentesten enfant terrible der Neuen Musik.

Ohne sich ausdrücklich auf Cage zu beziehen, haben Sonja Viola Senghaus, Barbara Rosnitschek (Flöte) und Dorothea von Albrecht (Cello) diese Kunstauffassung am Freitagabend im Speyerer Ratssaal als Konzertlesung umgesetzt.

Um die Widerstände des sprachlichen Gestaltens, um das Ringen nach Deutungen und Be-Deutung kreisen die Gedichte des Bandes „Sprachruder“, die die Autorin selbst vortrug. Den lyrischen Miniaturen antworteten Flöte und Cello mit eigenwilligen Spieltechniken und Klangbildern zu Barbara Hellers „Zeichen“.
Dabei war das Spannungsfeld zwischen valorisiertem künstlerischem Ausdruck auf der einen und marginalisiertem alltäglichem Ausdruck auf der anderen Seite fixer Bezugspunkt der dichterischen und musikalischen Gestaltungen. Anspielungen auf literarische und grafische Werke – etwa auf Ovid, Frida Kahlo oder Joseph Beuys – stehen für interdisziplinäres Gestalten, das Senghaus erklärtermaßen ein besonderes Anliegen ist.

Der virtuose Umgang mit dem Stilmittel der Alliteration in „Wolfswörter“ und ein raffiniertes Wortspiel – „Ich schwebe ohne aufzufallen der verschwisterten Erde“ in „Schweben“ – belegen Senghaus“ Gespür für Klang, Rhythmus und assoziatives Denken. Demgegenüber erschöpft sich manches ihrer Gedichte im Plakativen oder rein Klanglichen; auch die refrainartige Wiederholung des Schlussverses – eine allzu häufig genutzte Technik – vermochte nicht immer ganz zu überzeugen.

In musikalischer Hinsicht entfalteten die Improvisationen trotz der vielfältigen Spieltechniken, die darin zum Einsatz kamen, eher spröde Wirkung. Mit frischem Schwung mitreißend musiziert, erhielt hingegen das Duo „The Jet Whistle“ von Heitor Villa-Lobos spontanen Applaus.

Ob und inwiefern Kunst ist, was man als solche präsentiert, mag nun jeder für sich entscheiden. Senghaus, von Albrecht und Rosnitschek jedenfalls haben diesen Diskurs mit großem persönlichem Einsatz aufgegriffen und sich vom Pioniergeist der Neuen Musik inspirieren lassen.
Speyer, 23.5.11
von juliane sauerbeck

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