Evangelische Erwachsenenbildung Rhein-Neckar-Süd

 

21. Juli 2006, „Begegnungen“ mit Sonja Viola Senghaus und Andreas Rathgeber in der Stadtkirche in Wiesloch“

Am Abend fand dann in der Stadtkirche in Wiesloch ein kulturelles Programm mit Sonja Viola Senghaus (Lyrik) und Andreas Rathgeber (Musik) statt.

Da es am Abend nur unwesentlich kühler und auch die Stadtkirche sehr warm war, kamen auch hier nur wenige Gäste, die allerdings eine ganz besondere Begegnung zwischen Worten und Tönen erlebten.

Das Programm der beiden Künstler hieß auch „Begegnungen“ und neben den sanften, bissigen oder auch mal provozierenden – jedenfalls immer sehr nachdenklichen Gedichten von Sonja Viola Senghaus faszinierte Andreas Rathgeber mit einer Vielzahl von zum Teil originellen Instrumenten, mit denen er die Gedichte unterstrich, betonte, in Szene setzte. Schade, eigentlich, dass nur so Wenige dieses Programm erlebten!

Wieslocher Woche 30/2006, Foto: KHP „Sonja Senghaus und Andreas Rathgeber im Einklang bei Lyrik und Musik“

 

 

Auszüge aus „Literarisch-musikalische Vorstellung in der ev. Stadtkirche“

(kob). Zu ihrem 25jährigen Jubiläum bekam die Evangelische Erwachsenenbildung Rhein-Neckar-Süd kurzerhand eine 10-prozentige Kürzung ihres Budgets beschert. Angesichts des Umstands, dass sich selbst mit geringen Mitteln solche qualifizierten Veranstaltungen wie diejenige dieses Abends gestalten lassen, erkennt man, dass andere Sektoren ihrer Arbeit betroffen sein mögen, nicht aber der stets rege schöpferische Geist.

Sonja Viola Senghaus aus Neulußheim, die Lyrikerin, des Abends, ist Wortfinderin, Wort-Verbinderin und Wort-Wenderin. Ihr Werkzeug ist ausschließlich unsere Sprache. Als Dichterin verdeutlicht sie den Reichtum unseres Wortschatzes. …
Sie belegt, dass es heute noch diese Empfindsamkeit und romantische Begegnung miteinander, mit der Natur und den kleinen Dingen gibt, dass Sprachvermögen noch blüht, wo dumpfe Sprachlosigkeit sich auszubreiten schien. Allerdings sind ihre Eingebungen und ihr Stil nicht völlig neu, aber wer soll dem eigentlich verbieten, auf den Spuren Manfred Hausmanns, Rainer Maria Rilkes oder Georg Trakl zu wandern? Was sie denkt oder empfindet, und wie sie es beschreibt oder sagt, unterliegt ihrer dichterischen Autonomie, ist eine Frage der höchstpersönlichen momentanen Eingebung und damit dem kritischen Kommentar entzogen. Je nach der Zeit und persönlichen Verfassung, wird man sich mit manchem spontan identifizieren, anderes unberührt überlesen und Drittes mit leichter Irritation zur Kenntnis nehmen.

Die Begegnung mit ihren poetischen Zeilen folgt den Regeln, die sich wie von selbst beim Lesen eines Gedichtbands ergeben. Je nach der Zeit und persönlichen Verfassung, wird man sich mit manchem spontan identifizieren, anderes unberührt überlesen und Drittes mit leichter Irritation zur Kenntnis nehmen.
… So konnte sie zum Beispiel im Verbund mit der Musik Andreas Rathgebers und den eingespielten Naturgeräuschen das innere Bild von weiten, in den Gezeiten driftenden Landzungen am Meeressaum erzeugen, auf welchen die Natur frei waltet. Andreas Rathgeber beherrscht mehrere Musikinstrumente und trug eine bunte Palette der Begleitung und der Zwischenspiele bei. Anzumerken ist nur, dass die Vielzahl der von Frau Senghaus in einem Wort oder Satz gestreifte Bilder beim Zuhörer intensive Reflektionen auslösten, um im nächsten Wort oder Satz verwandelt, hinterfragt oder von völlig neuen Bildern abgelöst zu werden. Neues dichterisches Bewältigungsvermögen eröffnet sich gegen Ende mit dem Titel „Demenz“.

Gedichte „10. Mai 1933“ und „Tableau noir“ in: Matrix, Ausgabe Nr. 4/2006

MATRIX Zeitschrift für Literatur und Kunst, Ausgabe Nr. 4/2006 (6), Pop- Verlag, ISBN 3-937139-24-9

Schwerpunktthema: Angst

Tableau noir
(Ovids Traum)

Nachtschwere in zarter Hand
Kreuzzeichen kopfüber Hals
gesichtsloses Schwarz auf Samt und Seide

der gepuderten Maske entkommen
Gebeine erhellt von Wolkenschaum
und Amor gefesselt am Baum der Erkenntnis

(Sonja Viola Senghaus)

10. Mai 1933

„Es ist ein merkwürdiges Gefühl,
ein verbotener Schriftsteller zu sein
und seine Bücher nie mehr
in den Regalen und Schaufenstern
der Buchläden zu sehen.“
(Erich Kästner)

Als deine Bücher
brannten in der Glut
schrie das
bedruckte Papier
loderten die Worte
Gespenstern gleich
aus der Glut
und brannten sich ein
in unser Fleisch

(Sonja Viola Senghaus,
21. März 2004)

Liebe macht jeden schön

Literatinnen der GEDOK interpretierten das Thema „XXXL“

Körperfülle, Größenwahn und das endlose Universum thematisierten die drei Literatinnen der GEDOK Heidelberg Sonja Viola Senghaus, Elisabeth Lichter und Gudrun Reinboth im Rahmen der Ausstellung „XXXL“ in der Weinheimer Stadtbibliothek.

Sonja Viola Senghaus, Autorin für moderne Lyrik und Kurzprosa, verfasste speziell für diese Lesung das Gedicht „XXXL“. Darüber spricht sie über verschiedene Wahrnehmungen von Körperfülle. Selbst empfindet die Protagonistin des Gedichtes ihre Rundungen als weiblich, von anderer Seite werden sie als „zu dick“ verurteilt. „Dieses Gedicht ist plakativ und direkt, in meinen anderen Werken arbeite ich eher mit Chiffren“, sagte die Künstlerin. Etwas abstrakter interpretiert sie das Naturphänomen Tsunami, große Angst oder Größenwahn als „XXXL“-Themen.

Die Literatin Elisabeth Lichter beieht das Thema Übergröße auf die endlosen Weiten des Universums. In Kontrast dazu stellt sie in ihrem Gedicht den kleinen, scheinbar unbedeutenden Kohlweißling, der auf seine Weise sehr kunstvoll ist. „Da Universum fasziniert mich seit langem“, erzählt die Verfasserin von Prosa und Lyrik. Sie hat schon immer geschrieben, aber erst spät damit begonnen, ihre Texte zu veröffentlichen. „Eine typische Frauen-Vita. Erst alles andere und anschließend die Berufung“, beschrieb Brigitte Schröder, Vorsitzende der GEDOK Heidelberg, die Biografie der Schriftstellerin.

Zu den Genres von Gudrun Reinboth zählen Kinder- und Jugendromane, Lyrik und Erzählungen. Von Letzterem gab sie eine kleine Kostprobe. Das Gedicht, das sie gelesen hat, knüpft direkt an das rein physische „XXXL“-Thema an. Die Rede ist von einem „hässlichen Mädchen“. In diesem Gedicht wird die Hoffnung angesprochen, dass einmal Augen auf dieses Mädchen fallen werden und das innere Leuchten entdecken, das auf den ersten Blick von der unschönen Hülle verdeckt wird. „Denn Liebe macht jeden Menschen schön“, weiß die Autorin. In der sich anschließenden Kurzgeschichte beschäftigt sich Gudrun Reinboth mit einem Mann, der sich für eine Auserwählten hält und deshalb dem Größenwahn verfallen ist.

Die drei Literatinnen sind Mitglieder der GEDOK, der größten und traditionsreichsten Organisation für Künstlerinnen in Deutschland. Anliegen der Organisation ist, Frauen in der Kunst nachhaltig zu fördern. „Das ist notwendig, weil Männer in diesem Metier immer noch mehr Möglichkeiten haben“, berichtet die Vorsitzende der GEDOK Heidelberg, Brigitte Schröder. Das Besondere an dieser Organisation ist, dass sie Künstlerinnen der Bereiche Bildende Kunst, Literatur und Musik vereint und oftmals fachübergreifend arbeitet. GEDOK-Gruppen gibt es in allen Großstädten Deutschlands.

Weinheimer Nachrichten, 4. April 2006 (atr)

Gedichte „Tsunami“ und „Ulrike Meinhof“ in: Matrix, Ausgabe Nr. 3/2006 (5)

MATRIX, Zeitschrift für Literatur und Kunst, Ausgabe Nr. 3/2006 (5), POP Verlag, ISBN 3-937139-20-6

Schwerpunktthema: Mörderische LeseGelüste

Tsunami

In Sri Lanka eine Ayurveda-Kur
noch vor der großen Flut noch vor
den schaurigen Tableaus geschundener Ufer aufgetriebener Leichen
noch vor dem Tsunami noch vor
dem Getöse ungezählter Kehlen dem Festklammern zahlloser Hände
und danach
eine Klangtherapie vielleicht
unaufdringliches Meeresrauschen ansteigende Wellen dezente Musik
danach kein Davor

(Sonja Viola Senghaus)

Widerstand

(an Ulrike Meinhof)

Mit dem Stein in der Faust
dem Finger in der Wunde
dem Kreuz im Rücken

selbst zur Wunde
geworden
widerstand sie nicht

(Sonja Viola Senghaus,
15. September 2003)

Jesus und die Frauen „GEDOK“-Lesung „Heidelruhe“ – ein Blickwechsel“ in der Stadtbibliothek“

Von Magdalene Tonner

Ein Abend ganz im Zeichen der künstlerisch aktiven Frau, ausgerichtet von den beiden Regionalgruppen Heidelberg und Karlsruhe der Gedok /Gemeinschaft der Künstlerinnen und Kunstförderer e.V.), zog nicht nur Frauen, sondern auch (Ehe-)Männer in die Stadtbücherei Heidelberg. Jeweils zwei Autorinnen der beiden Gruppen lasen ihre Lyrik oder Prosa und boten so eine „Blickwechsel“ in die literarische Kreativität der beiden Städte. Mit „Heidelruhe“ wählte die Gedok dabei einen sehr freien Titel für die Lesung, die sich schließlich auch ohne Vorgabe eines Themas den aktuellen Werken der vier Frauen widmen sollte.

Eingeführt durch Sonja Viola Senghaus und musikalisch mit Stücken romantischer bis moderner Komponistinnen umrahmt durch Manuela Weiss, präsentierte zunächst Irmentraud Kiefer aus Karlsruhe eine Erzählung aus ihrem Band „Damals in Palästina. Die Frauen um Jesus.“ In fiktiven Geschichten geht sie darin möglichen Begegnungen Jesu, hier Jeshua genannt, mit Frauen nach. Kiefer, geboren 1935, veröffentlicht seit 20 Jahren und beschränkt sich in der Beschreibung der Frauen und deren Konflikte mit der Gesellschaft auf das Wichtigste.

Ebenfalls mit inneren und äußeren Konflikten beschäftigen sich die Kurzgeschichten von Renate Schweizer aus „Der letzte Sonnentanz“. Die Karlsruherin ist eigentlich im Figuren- und Maskentheater zu hause, studierte in den USA, und ist als freie Autorin seit 1983 in Büchern Anthologien und Zeitschriften vertreten. Ihre Kurzgeschichten scheinen aus einer sehr verdichteten Stimmung heraus geschrieben worden zu sein.

Ebenso in sich gekehrt zeigten sich die Gedichte der Heidelbergerin Elisabeth Lichter aus „Gebrochenes Licht“. Die Autorin wurde vertreten von Manuela Weiss. Wie Momentaufnahmen betrachtet Elisabeth Lichter oft nur im einzelnen, hingeworfenen Worten innere Bewegungen.

Als Abschluss und Höhepunkt las Angelika Stein ihre im Frühjahr erscheinenden Kurzgeschichten „Boss und Bimbo“, „Mathilde“ und „Management“. Frappierende, teils verstörende Situationen und Konfrontationen mit dem Verhalten und Wesen der Mitmenschen sind es, die das Ich in Steins Geschichten beschäftigen und zu verarbeiten suchen. überaus gekonnt und einfühlsam zeigt sich ihre Sprache. Die Psychologin studierte Germanistik und Psychologie u.a. in Heidelberg, absolvierte ihr Philosophicum bei Adorno und lebt und arbeitet heute in Heidelberg.

Rhein-Neckar-Zeitung – Feuilleton Samstag/Sonntag 18./19. Februar 2006

Deutsches Jahrbuch für Autoren, Autorinnen 2005/2006

Über dieses Buch:

Aktuelle Informationen und Adressen aus dem Literatur- und Medienmarkt: Theater, Film/TV, Hörmedien, Buch – mit Preisen und Stipendien
1.022 Seiten, Hardcover – 3000 neu recherchierte Adressen und Informationen für Autorinnen und Autoren
ISBN 3-932909-33-X

enthaltene Autorinnen und Autoren:
u.a. Sonja Viola Senghaus

NATUR – Lyrik zum Schmökern

Natur

Lyrik-Anthologie mit verschiedenen Autoren/innen
Hrsg. Christine Bienert,
Schmöker-Verlag, 30823 Garbsen
ISBN3-9809142-6-7
November 2005
9 Euro

Zu diesem Buch:

Ausgewählte Autoren aus Deutschland, österreich, der Schweiz und den Niederlanden laden die Leser zu einem lyrischen Spaziergang durch die Natur ein.
Sie begleiten durch die Jahreszeiten, öffnen sich den Wundern der Natur und offenbaren ihre vielschichtigen Empfindungen. Mit einfühlsamen, aber auch kritischen Texten geben sie den Worten des frühromantischen Dichters Novalis „Der Poet versteht die Natur besser als der wissenschaftliche Kopf“ aktuellen Inhalt.

 

Gedichte von Sonja Viola Senghaus:

„Harmonie“, „Collage“

Gedicht „Und dennoch Liebe“ in: Dulzinea, Ausgabe Nr. 8/2005

DULZINEA, Zeitschrift für Lyrik und Bild, Ausgabe Nr. 8/2005, ISSN 1618-470X

Schwerpunkt: Moderne Liebeslyrik

Und dennoch Liebe

Baufällig das Haus
Ein Stockwerk nur bewohnt
Abgetreten die Treppenstufen
Küchendunst klebt an
winterharten Töpfen
dennoch
atmet Frühlingslicht
auf antikem Mobiliar

(Sonja Viola Senghaus)

Gedicht „Dramatisches Fragment“ in: Dulzinea, Ausgabe Nr. 7/2005

DULZINEA, Zeitschrift für Lyrik und Bild, Ausgabe Nr. 7/2005, ISSN 1618-470X (Auflage: 700 Exemplare)

Schwerpunktthema (Ausschreibung): Blick aus dem Kellerloch – kritische Texte
Inhalt (ca.): 40 Gedichte + 13 Haiku/Senryû + 5 x Malerei (Farbe)

Nachtcafé
(Gottfried Benn,
aus „Sämtliche Gedichte“, 1912)

824. Der Frauen Liebe und Leben.
Das Cello trinkt rasch mal. Die Flöte
rülpst tief drei Takte lang: das schöne Abendbrot.
Die Trommel liest den Kriminalroman zu Ende.

Grüne Zähne, Pickel im Gesicht
winkt einer Lidrandentzündung.

Fett im Haar
spricht zu offenem Mund mit Rachenmandel
Glaube Liebe Hoffnung um den Hals.
Junger Kropf ist Sattelnase gut.
Er bezahlt für sie drei Biere.

Bartflechte kauft Nelken,
Doppelkinn zu erweichen.
B-moll: die 35. Sonate.
Zwei Augen brüllen auf:
Spritzt nicht das Blut von Chopin in den Saal,
damit das Pack darauf rumlatscht!
Schluß! He, Gigi! –

Die Tür fließt hin: Ein Weib.
Wüste ausgedörrt. Kanaanit’isch braun.
Keusch. Höhlenreich. Ein Duft kommt mit.
Kaum Duft.
Es ist nur eine süße Vorwölbung der Luft
gegen mein Gehirn.

Eine Fettleibigkeit trippelt hinterher.

Dramatisches Fragment

Antwort auf Gottfried Benns “ Nachtcafé

In jener Nacht
als die Instrumente
sich in Menschen verwandelten
und aus ihrem gescheitelten Haar
Glaube Liebe Hoffnung in
verstopfte Ohren tropfte

In jener Nacht
als der Masse Mund
Chopin wie Perlen vor die Säue spie
und dabei das Lied auf die
Frauen das Leben und
die Liebe sang

In jener Nacht
versperr die Tür
bevor die Kannibalin
sich einnistet in deinem Bett
und die Nelke zu deiner
Lieblingsblume wird

(Sonja Viola Senghaus)