Provozierende und nachdenkliche Gedichte

Speyerer Morgenpost, Mittwoch, 27. Oktober 2010 –

Provozierende und nachdenkliche Gedichte

Für die Speyerer Lyrikerin Sonja Viola Senghaus ist das Schreiben Reflexion auf ihr Umfeld

Das Gedicht ist zur Ruhe gekommene Unruhe.“ So skizziert die in Speyer lebende und arbeitende Autorin für moderne Lyrik und Kurprosa, Sonja Viola Senghaus, das Ende ihres Schaffungsprozesses, wenn das geschriebene Wort unverändert ihre kritischen Blicken und tiefgründigen Gedanken standgehalten hat und stehen bleiben darf.

Im Mittelpunkt ihres Schreibens steht, wie sie betont, immer der Mensch, dessen Gefühle und Befindlichkeit in der Sprache der Natursymbolik und der bildhaften Metapher geschildert werden.

Die Worte sind wenige. Sie sind in ihren Gedichten auf das Notwendigste reduziert. Alle Stationen und Situationen, die Menschen durchleben im positiven wie auch im negativen Sinne, finden sich in ihren bisweilen sanften, manchmal eher bissigen oder auch mal provozierenden, doch durchweg stets nachdenklichen Gedichten wieder. Schon früh entdeckte Sonja Viola Senghaus ihre Vorliebe für die Literatur. Sie schreibe, „weil die Worte sie fänden“ (aus „Schreiben – Findung“) – doch wollen diese beleuchtet, untersucht, beobachtet, reflektiert, komponiert, oft auch wieder geändert oder umgestellt werden. Jedenfalls sei es, wie es sagt, nicht so, dass einer Autorin die Texte geradewegs zuflögen, gleichsam fix und fertig, nur noch zum Aufschreiben aus dem Unterbewusstsein diktiert. So einfach dürfe sich die Leserin beziehungsweise der Leser die Entstehung ihrer Texte nicht vorstellen.

Der Entstehung von Gedichten gehen unumgänglich innere Spannungen und geistige Konfrontationen voraus. Sonja Viola Senghaus’ Gedichttexte speisen sich aus dem reichen Fundus an Erfahrungen mit Umwelt, Gesellschaft und Höhen und Tiefen menschlicher Existenz. Senghaus sagt: „Eine innere Spannung geht immer der Entstehung eines Gedichtes voraus. Das Schreiben ist häufig Reflexion auf das direkte Umfeld. Worte zu schöpfen, die den Raum der Seele ganz und gar einnehmen, bedarf es und der Kunst des Streichens von Worten, die am Schlusse unnötig und überflüssig erscheinen.

Aus Ausweglosigkeit herausfinden

„Eigene Wege zu finden und zu beschreiten, aus der Ausweglosigkeit herauszufinden, aber auch Hoffnung und Anteilnahme in einer entfremdeten und von Kälte geprägten Gesellschaft zu wecken, trotz flüchtig, brüchig und zerbrechlich gewordener Beziehungen“, so beschreibt sie ihr Anliegen. Überaus wichtig und wertvoll für die Autorin Senghaus ist der Kontakt zu anderen Kunstrichtungen. Sie hole sich viele Impulse aus dem Bereich der Literatur. Aber nicht nur. Auch Theater, Bildende Kunst oder Musik erfüllten durchaus diese Funktion. Was daraus entstehe, sei oft etwas ganz Anderes und Neues. Ihre letzte Lesung am 12 Oktober in der Speyerer Stadtbücherei sei dazu als Beispiel aufgeführt: Dieser Vortrag stand in harmonischer Symbiose mit den begleitenden Gitarrenklängen der Musikerin Jutta Keller, die mit passenden Tönen das gelesene Wort trefflich ergänzte. Dann, so Senghaus weiter, laufe sie zur „Höchstform“ aus, fühle sich inspiriert durch die Leuchtkraft der Klänge. Die Lyrikerin Senghaus verbindet seit ehedem eine Zuneigung zur Musik als Motor und ausgleichender Faktor zum Schreiben. Nach dem Bändchen „Freiräume“, Gedichte und Grafiken, das im Jahre 2000 veröffentlicht wurde, erschien der Lyrikband „Licht-Flügel-Schatten“, Gedichte mit Bildern von Dorette Polnauer im Marsilius Verlag Speyer, 2002. Zuletzt das Buch „Sprachruder“, ein Gedichtband mit erlesenen, abgestimmten Fotografien von ihrem 2008 verstorbenen Mann Klaus Senghaus, publiziert im Wiesenburg-Verlag. Frau Senghaus ist zudem durch weitere Veröffentlichungen in diversen Anthologien und Literaturzeitschriften einem breiten Fachpublikum bekanntgeworden.

Initiatorin von „TonArtLyrik“

Neben ihrer schriftstellerischen Arbeit vermittelt sie ihren meist weiblichen Teilnehmern
in Kursen und Seminaren Kenntnisse im autobiographischen und literarischem Schreiben, berät Interessierte in der Gedichte-Werkstatt die eigene Ausdrucksform zu finden, und versucht auf diese Weise, „einzelnen zu weckenden Talenten“ auf die Sprünge zu helfen. Frau Senghaus ist zudem Initiatorin der Projekt-gruppe „TonArtLyrik“, zweite Fachbeirätin der GEDOK Literaturgruppe in Heidelberg, Mitglied im VS BW und der Regio-Gruppe des
VS Heidelberg, zählt zum Förderkreis der Schriftsteller Baden-Württemberg, gehört der Literaturoffensive Heidelberg an, desgleich dem Literarischen Verein der Pfalz-Sektion Speyer. Sonja Viola Senghaus, die auch schon Textwerkstätten mit Gefangenen in der Strafvollzugsanstalt in Mannheim und Bruchsal geleitet hat, wird nach etlichen anderen Veranstal-tungen, .- zum Beispiel gibt es demnächst eine Lesung im badischen Wiesloch, – natürlich auch wieder in der Domstadt im Mai 2011 anlässlich der Speyerer Kulturtage,
für das literarische Publikum ihres Lebensmittelpunktes da sein. Dem Publikum wird sie
mit dem Zaubermittel „Sprachruder“ behilflich sein, inneren und äußeren Widerständen gegenzusteuern, und „behilflich sein“, wie sie es so trefflich formulieren versteht,
„über den eigenen Schatten zu springen“ sowie „gegen den Strom zu schwimmen“. (da)

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